Ein hessischer Dolmetscher soll in Hessen die Krankenkassen um einen Millionenbetrag betrogen haben. Das berichtete die Tagesschau unter Berufung auf das hessische Landeskriminalamt (LKA). Das LKA Hessen durchsuchte die Wohnung des 57-Jährigen am Morgen des Donnerstags, dem 22. Mai.
Verdacht des systematischen Betrugs
Der beschuldigte Dolmetscher soll seit 2019 Arztstempel gestohlen haben und außerdem Abtretungserklärungen gefälscht haben, die normalerweise von der Tauben Kundschaft unterschrieben werden müssen, damit Dolmetschende ihre Arbeit mit der Krankenkasse abrechnen können. In diesem Zusammenhang soll der Dolmetscher also alle betroffenen Dokumente gefälscht haben. Bisher ist noch nicht die Rede davon, ob Taube Menschen ebenfalls an diesem Betrug beteiligt sind. Der Schaden gehe wohl in die Millionen.
Eine Handtasche hatte den Wert von 40.000 Euro
Bei der Durchsuchung fand die Polizei Rechnungen mit Datum in der Zukunft, mehrere Arztstempel, Mobiltelefone, Bargeld im Wert von 2.000 Euro, aber auch Wertgegenstände wie Uhren, Kunstdrucke, Goldmünzen und eine Handtasche, die allein schon einen Wert von 40.000 Euro gehabt haben soll.
Die Ermittlungen werden koordiniert von der Zentralstelle Medizinwirtschaftskriminalität (ZMWK), zu der Ermittlungen gegen Ärzt*innen und Kliniken, aber auch gegen Apotheken, therapeutischen Einrichtungen, Augenoptikern und Hörakustikern gehören.
Wie realistisch sind die Summen?
Der Dolmetscher soll ungefähr 3.500 Rechnungen im Gesamtwert von mehr als einer Million Euro ausgestellt haben. Wenn man rechnerisch von genau einer Million, also dem Minimum, ausgeht, dürften die Rechnungen einen durchschnittlichen Wert von 300 Euro gehabt haben. Eine durchaus plausible Summe, wenn man sich den aktuell gültigen JVEG-Satz von 85 Euro pro Stunde anschaut – und (in diesem Fall erfundene) Fahrtkosten einbezieht.
In sechs Jahren (seit 2019) müsste der Dolmetscher aber gut 600 Rechnungen gestellt haben, was pi mal Daumen zwei Rechnungen pro Tag entspricht, wenn man Wochenenden ausklammert. Pro Jahr dürften bei einer Million Gesamtsumme im Schnitt 170.000 Euro für den Dolmetscher rausgesprungen sein, was einem Monatsgehalt von circa 14.000 Euro entspricht. Ob der Dolmetscher, sollte der Betrugsverdacht sich erhärten, auch legal gearbeitet hat und überhaupt Steuern gezahlt hat, ist nicht bekannt.
Ist mehr Kontrolle die Lösung?
Auch die Tatsache, dass der Betrug so lange unentdeckt bleiben konnte, wirft Fragen auf: Hätte mehr Kontrolle geholfen? Unwahrscheinlich: Der Medizinbereich ist bereits streng kontrolliert. Gegenüber Krankenkassen müssen Dolmetschpersonen ihre Qualifikation nachweisen, es müssen Formulare unterschrieben werden und zu guter Letzt können die Krankenkassen überprüfen, ob abgerechnete Dolmetscheinsätze überhaupt stattgefunden haben, indem sie überprüfen, ob die Krankenkassenkarte eingelesen wurde. Natürlich könnten die Krankenkassen strenger kontrollieren, zusätzliche Regelungen scheinen in diesem Fall aber unnötig.
Die Staatsanwaltschaft Fulda antwortete auf eine Taubenschlag-Anfrage, dass zu laufenden Ermittlungsverfahren keine Angaben gemacht werden können.