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Historischer Meilenstein: UN erkennt 27. Juni als Internationalen Tag der Taubblindheit offiziell an

Gestern, am 16. Juni 2025, setzte die Generalversammlung der Vereinten Nationen ein wichtiges Zeichen für die internationale Anerkennung und Sichtbarkeit taubblinder Menschen: Der 27. Juni wurde offiziell als Internationaler Tag der Taubblindheit anerkannt. Diese historische Entscheidung ist das Ergebnis jahrelanger Advocacy-Arbeit der World Federation of the Deafblind (WFDB) und ihrer Partner, darunter die World Federation of the Deaf (WFD).

Helen Kellers Vermächtnis lebt weiter

Die Wahl des 27. Juni als offizieller Gedenktag ist eine bewusste Ehrung Helen Kellers, die an diesem Tag im Jahr 1880 in Tuscumbia, Alabama, geboren wurde. Keller, die im Alter von 19 Monaten durch eine Krankheit ihr Seh- und Hörvermögen verlor, wurde zu einer Pionierin der Selbstvertretung für taubblinde Menschen. Sie durchbrach gesellschaftliche Barrieren und erwarb als eine der ersten taubblinden Personen einen Bachelor-Abschluss an der Harvard University – zu einer Zeit, als höhere Bildung nur wenigen zugänglich war.

„Man kann niemals kriechen, wenn man den Impuls verspürt zu fliegen“, sagte Helen Keller einst. Dieser Satz verkörpert bis heute den Geist des Kampfes für Gleichberechtigung und Teilhabe taubblinder Menschen.

Mehr als nur Symbolik: Die Bedeutung der offiziellen Anerkennung

Die UN-Anerkennung des Internationalen Tages der Taubblindheit ist weit mehr als eine symbolische Geste. Sie stellt einen wichtigen Meilenstein in der jahrzehntelangen Arbeit für die Rechte taubblinder Menschen dar. Bereits seit Jahren wurde der 27. Juni von der taubblinden Gemeinschaft begangen, um das öffentliche Bewusstsein für ihre Existenz und ihre spezifischen Bedürfnisse zu schärfen.

Mit der offiziellen Anerkennung erhält dieser Tag nun eine neue Dimension und internationale Legitimität. Die letzte Juniwoche ist bereits als Internationale Woche des Bewusstseins für Taubblindheit etabliert, in der durch verschiedene Veranstaltungen, Konferenzen und Ausstellungen auf die Bedeutung und Beiträge der taubblinden Gemeinschaft aufmerksam gemacht wird.

Taubblindheit bedeutet, dass eine Person sowohl Seh- als auch Hörverlust erlebt, was den Zugang zu Informationen, die Kommunikation mit anderen Menschen und die unabhängige Fortbewegung erheblich erschwert. Schätzungen zufolge leben zwischen 0,2 % und 2,1 % der Weltbevölkerung mit dieser einzigartigen Behinderung.

Die Realität taubblinder Menschen ist geprägt von besonderen Herausforderungen: Wie kommuniziert man mit Familie und Freunden? Wie knüpft man soziale Kontakte? Wie bewältigt man alltägliche Aufgaben wie Einkaufen oder den Restaurantbesuch? Diese Fragen verdeutlichen, warum es so wichtig ist, dass die Gesellschaft ein Bewusstsein für die spezifischen Bedürfnisse taubblinder Menschen entwickelt.

Jahrzehnte des Kampfes für Anerkennung

Die Wurzeln der heutigen Erfolge reichen bis in die 1970er Jahre zurück. 1977 fand in New York die erste Helen Keller World Conference statt, organisiert vom „Committee on Service to the Deaf-Blind“ des World Council for Welfare of the Blind. Diese Konferenz sollte taubblinden Menschen die Möglichkeit geben, sich auszutauschen und von Gleichgesinnten zu lernen.

Nach jahrelangen Diskussionen wurde schließlich 2001 bei der 7. Helen Keller World Conference in Auckland, Neuseeland, die World Federation of the Deafblind (WFDB) offiziell gegründet. Endlich hatten taubblinde Menschen weltweit eine vereinte Stimme, um ihre Rechte zu vertreten und für ihren gleichberechtigten Platz in der Gesellschaft zu kämpfen.

Internationale Zusammenarbeit und Erfolge

Als Gründungsmitglied der International Disability Alliance (IDA) im Jahr 1999 konnte die WFDB sicherstellen, dass taubblinde Menschen in der internationalen Behindertenbewegung vertreten sind. Besonders bedeutsam war die Beteiligung an der Entwicklung der UN-Behindertenrechtskonvention (CRPD), die 2008 in Kraft trat.

Ein wichtiger Meilenstein war auch die Veröffentlichung des ersten globalen Berichts über Taubblindheit im Jahr 2018. Der Bericht „At risk of exclusion from CRPD and SDGs implementation: Inequality and persons with deafblindness“ wurde bei verschiedenen Veranstaltungen in den UN-Zentren in Genf und New York sowie im britischen Parlament vorgestellt.

Ein Blick in die Zukunft

Die offizielle UN-Anerkennung des 27. Juni als Internationaler Tag der Taubblindheit markiert nicht das Ende, sondern einen neuen Anfang im Kampf für die Rechte taubblinder Menschen. Sie schafft eine Plattform für verstärkte Advocacy-Arbeit und erhöht die Sichtbarkeit der Gemeinschaft auf internationaler Ebene.

Wie Anne Sullivan, Helen Kellers Lehrerin, einst sagte: „Mach einfach weiter und scheiter immer wieder. Jedes Mal, wenn du scheiterst, fang einfach von vorn an, und du wirst stärker werden, bis du dein Ziel erreicht hast.“ Diese Worte inspirieren auch heute noch den Kampf für eine inklusive Gesellschaft, in der taubblinde Menschen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, um ihre Träume von Inklusion, Barrierefreiheit und gleichberechtigter Teilhabe zu verwirklichen.

Die Botschaft ist klar: Es sind die vereinten Stimmen der Gemeinschaft, die Veränderung bewirken. Mit der offiziellen UN-Anerkennung haben taubblinde Menschen und ihre Unterstützer*innen weltweit einen wichtigen Sieg errungen – einen Sieg, der zeigt, dass Beharrlichkeit und gemeinsame Anstrengungen zu bedeutsamen Veränderungen führen können.

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