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Die gehörlose Frau hörte die Ansage nicht: Fahrrad aus dem Zug gestellt

Tagtäglich stoßen viele gehörlose Menschen wie Petra Feldmann auf Barrieren, doch was sie am Mittwoch Morgen in einem Zug erlebt hat, ist der Gipfel.

Petra Feldmann (38 Jahre alt) erzählt aufgeregt über ihr Erlebnis:

„Am Mittwoch, den 06.September stieg ich voller Freude um 5:18 Uhr in Mering mit meinem Fahrrad in den RB (Regionalbahn) nach München Hbf zur Arbeit. Denn mit der Mitnahme von meinem Fahrrad konnte ich meinen Umzug nach München endlich abschließen. Ich stand extra früh auf, damit ich mein Fahrrad im Zug mitnehmen durfte, denn Fahrräder dürfen nicht während dem Berufsverkehr mitgenommen werden.

Im Zug war es aber randvoll, so dass ich mein das Fahrrad an eine Stelle stellte, wo es niemandem im Weg stand und saß 1,5m entfernt auf dem freien Platz mit dem Rücken zum Fahrrad. Ich blickte ab und zu zu dem Fahrrad, konnte es jedoch nicht die ganze Zeit im Auge behalten. Der Zug fuhr los, da kam der Schaffner entlang und kontrollierte die Fahrkarten von den Fahrgästen. Ich holte meinen Schwerbehindertenausweis mit Wertmarke und die Fahrkarte für das Fahrrad aus meinem Rucksack und stellte mich auf die Kontrolle ein. Doch der Zug hielt in Althegnenberg (3 Minuten nach Mering) an, der Schaffner ging an mir vorbei zur Tür. Als der Zug weiterfuhr merkte ich, wie der Schaffner unruhig an mir vorbei hin und herlief. Ich konnte nicht ahnen, dass er dabei im Abteilung rief, wem das Fahrrad gehöre.

Das Fahrrad ist weg!

Dann hielt der Zug in Haspelmoor an (2 Minuten nach Althegnenberg), ich drehte mich nach dem Fahrrad um, als der Zug weiterfuhr und stellte fest, dass es nicht mehr an seinen Platz stand. Ich wunderte mich, suchte in der Abteilung danach und sprach eine Mitreisende an. Die Frau sagte, dass der Schaffner gefragt hatte, wem das Fahrrad gehöre und es dann an einer Haltestelle abgestellt hatte. Ich war total schockiert, ging den Schaffner suchen und diskutierte mit ihm. Er sagte, dass er gerufen hatte, wem es gehört und zwar laut und deutlich. Ich musste innerlich einfach fassungslos lachen, denn ich bin ja taub und da half eine laute und deutliche Aussage eben nicht. Dann fragte er mich auch noch nach der Fahrrad-Fahrkarte und ich meinte verärgerte „Mein Fahrrad ist doch meilenweit weg, wozu sollte ich Ihnen dann die Fahrradfahrkarte zeigen?“. Ich war einfach fassungslos.

In der Dunkelheit zu dem nächsten Ort

Ich überlegte, was ich machen sollte und stieg in München-Pasing, eine Haltestelle vor München Hbf, aus. Mit Glück kam der nächste Zug nach Mering mit Zwischenstopp in Mammendorf, Haspelmoor und Althegnenberg schon bald. Denn der Zug hält nur alle 1-2 Stunden in Mammendorf, Haspelmoor und Althegnenberg an. In dem kleinen Ort Haspelmoor mit 600 Einwohnern entdeckte ich nach dem Ausstieg aus dem Zug mit großer Erleichterung mein ungesichertes Fahrrad. „Was mache ich dann?“ fragte ich mich und sah mich um. Es war auf dem menschenleeren Bahnhof noch ziemlich dunkel an dem Morgen. Der nächsten Zug nach München kam erst in einer Stunde. Mir war ziemlich unheimlich und so entschied ich mit dem Fahrrad zu dem nächsten größeren Ort Mammendorf zu radeln. Ich radelte über 5 km in der Dunkelheit über die Felder und mir war die ganze Zeit nicht wohl dabei. Ich atmete auf, als ich in Mammendorf ankam, wo neben dem RB auch eine S-Bahn nach München fährt. Ich stieg um halb acht mit dem Fahrrad in den Zug. So war ich schon 2 Stunden unterwegs. Ein wahre Odyssee für mich. Sowas geht einfach nicht und ich möchte eine Entschädigung von der DB dafür haben.“

Sie nahm über Facebook Kontakt mit der Deutschen Bahn Personenverkehr auf, schilderte ihr Erlebnis und hat die Gebärdensprachgemeinschaft in große Aufregung versetzt. Die Deutsche Bahn hat darauf reagiert und entschuldigt sich für das Verhalten des Zugbegleitpersonals. „Auch kann man das Zugpersonal verstehen, da man die Behinderung den Fahrgästen nicht ansieht und hier eventuell ein Hinweis am Fahrrad möglich gewesen wäre, zu welchem Fahrgast das Fahrrad gehört. Wenn niemand im Zug reagiert, gäbe es sicherlich auch die Möglichkeit, dass das Zugbegleitpersonal auf die benachbarten Fahrgäste zugeht, um nachzufragen.“

Petra hat sich beim Kundendialog in Bayern gemeldet und wartet noch auf eine Antwort. Offen ist noch, warum der Schaffner das Fahrrad nach nur 2 Minuten Bemühung, den Besitzer des Fahrrads zu finden, es am Bahnhof abgestellt hat.

Tags: Barrierefreiheit, Deutsche Bahn, Diskriminierung

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