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“Zerstört” durch Inklusion: Landeselternverband übt scharfe Kritik

Inklusion
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Der Landeselternverband gehörloser und schwerhöriger Kinder und Jugendlicher in NRW hat die schulische Inklusion scharf kritisiert. In seiner Stellungnahme vom 16.08.2023 bezieht sich der Verband auf das Positionspapier „Schulische Inklusion wirksam umsetzen“ des Deutschen Instituts für Menschenrechte.

Das Gesamtkonzept zur Umstrukturierung allgemeiner Schulen zu inklusiven Schulen diskriminiert hörbehinderte Kinder und zerstört die Gebärdensprachgemeinschaft, so der Verband: „Wir stellen fest, dass das Gesamtkonzept zur Umstrukturierung allgemeiner zu inklusiven Schulen insbesondere hörbehinderte Kinder diskriminiert […] die Gebärdensprachgemeinschaft mit ihrer traditionsreichen Gehörlosenkultur durch lautsprachliche Privilegien und auch durch Einzelinklusion bzw. einzelne kleine Peergroups zerstört wird.“

Die Umstrukturierung zu inklusiven Schulen führe oft dazu, dass hörbehinderte Kinder in der Kommunikation benachteiligt sind und nicht die gleichen Chancen haben: „Auch, wenn sie mit anderen behinderten Kindern in einer Klasse zusammen sind, haben die anderen behinderten Kinder ein lautsprachliches Privileg, weshalb die hörbehinderten Kinder in der lautsprachlichen Kommunikation benachteiligt sind. Infolgedessen haben hörbehinderte Kinder nicht die gleichen Chancen […] auf Kommunikation im Unterricht und auf Demokratie in der Klasse.“

Der Elternverband schließt sich damit der Forderung des Deutschen Gehörlosenbundes nach Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache als Minderheitensprache an. Die Umstrukturierung sollte die Gebärdensprachgemeinschaft schützen und fördern, um die bestmögliche Entwicklung für hörbehinderte Kinder sicherzustellen: „Das Gesamtkonzept zur Umstrukturierung zu inklusiven Schulen muss folgenden wichtigen Aspekt berücksichtigen, um die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung hörbehinderter Kinder zu gewährleisten: Schutz und Förderung der Gebärdensprachgemeinschaft als sprachliche Minderheit.“ Diese Besonderheit dürfe man nicht einfach ignorieren.

Dabei stützt sich der Verband nach eigenen Angaben auf 40 Jahre Erfahrung in der schulischen Inklusion. Hörbehinderte Schüler*innen wären demnach in Regelschulen oft einem Gefühl der Isolation ausgesetzt, da sie ihren hörenden Mitschüler*innen in der Klassengemeinschaft kommunikativ nicht folgen können. Gehörlosenschulen seien, so der Verband, eine Errungenschaft der Gehörlosenkultur und gehen den Förderschulen lange voraus. Die Feststellung des Instituts für Menschenrechte, dass Förderschüler*innen die Schulen oft ohne Abschluss verlassen, sieht der Verband als nicht zutreffend für Gehörlosenschulen.

Auf X (vormals Twitter) bekam das Schreiben Unterstützung von Professor Dr. Christian Rathmann, Leiter der Abteilung Deaf Studies und Gebärdensprachendolmetschen am Institut für Rehabilitatinswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. Einzelinklusion sei aus „menschenrechtlicher Sicht oft problematisch“. Viel wichtiger seien gebärdensprachkompetente Lehrkräfte für hörbehinderte Kinder, von denen es immer noch viel zu wenige gäbe.

Foto: Taubenschlag / Midjourney

Tags: Christian Rathmann, Inklusion, Kritik, Landeselternverband, Nordrhein-Westfalen, NRW, Professor Dr. Christian Rathmann, Stellungnahme

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1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort

  • Hartmut+Teuber
    24. August 2023 16:01

    Ich unterstütze die Gegnerschaft von Deutschem Gehörlosen und Verband gehörloser und schwerhöriger Kinder und Jugendlicher über die schulische Inklusion von tauben und schwerhörigen Kinder. Es wird und kann KEINE echte Inklusion für sie betrieben, da hörende Kinder die Gebärdensprache nicht beherrschen. An Deutschen Institut für Menschenrechte:: .Bitte umformulieren Sie Ihr Positionspapier, in dem gesagt wird, dass das Papier NICHT taube und schwerhörige Schüler betreffen, weil die Gebärdensprache von den Lehrkräften nicht `benutzt wird.

    Antworten

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