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Regelschule mit Dolmetscher oder Förderschule für Hörgeschädigte?

Der Deutschlandfunk Kultur hat zu diesem Thema eine Reportage über Paulina und Elias, zwei hörgeschädigte Kinder, veröffentlicht.

Paulina ist 13 und seit ihrer Geburt taub. Sie besucht eine Regelschule mit Dolmetschern und kommt in der Schule gut mit, aber auf dem Pausenhof wird sie ausgeschlossen.

Immer wieder versucht sie, Anschluss zu finden. Sie sucht nach Lücken in Gruppen und geht auf sie zu, doch sie wird ignoriert. Von den 30 Kindern in ihrer Klasse grüßt sie niemand oder lächelt ihr zu.

In der fünften Klasse hatten einige Kinder aus der Klasse Gebärdensprachunterricht. Die gelernten Gebärden nutzen sie jedoch selten, um sich mit Paulina zu unterhalten.

Auch die Situation mit den Dolmetschern ist für ihre Klassenkameraden noch immer befremdlich. Sie fühlen sich unwohl, immer über einen Dolmetscher mit Paulina zu reden. Ihnen fehlt die Privatsphäre, außerdem ist durch die Dolmetscher immer eine erwachsene Person dabei.

Im Kindergarten war das anders, die Kinder akzeptierten die Dolmetscher als Sprachrohr und gingen viel ungezwungener mit Paulina um.

Bei ihrer Familie fühlt sich Paulina sehr wohl. Sie sieht ihre Eltern und ihre Geschwister jeden Tag und hat ein inniges Verhältnis zu ihnen. Alle können gebärden, die Mutter übersetzt, wenn die Geschwister gerade keine Hand frei haben. Beim Essen spricht oder gebärdet immer nur einer, und abends sitzen alle gemeinsam auf dem Sofa und gebärden sich Bücher vor.

Paulinas Eltern haben drei Tage nach Paulinas Diagnose an der Volkshochschule angefangen Gebärdensprache zu lernen. Durch den Verein „Gib Zeit“ kam immer wieder mal jemand bei der Familie zuhause vorbei und übersetzte Bilderbücher und Tischgebete. Der Verein fördert die Zweisprachigkeit bei gehörlosen und hörgeschädigten Kindern. Die Familie hat davon viel mitnehmen können.

Früher ging Paulina immer regelmäßig zu Gehörlosen Freizeiten. Jetzt ist sie älter und macht bei einem europäischen Feriencamp mit, um weiter Kontakte mit anderen gehörlosen Kindern zu knüpfen.

Aus ihrer Schule hat sie ein jüngeres Mädchen kennengelernt, das sich mit Händen und Füßen und notfalls über Handy mit ihr verständigte. Inzwischen hat sich das Mädchen zwei Apps runtergeladen und 100 Gebärden in zwei Wochen gelernt. Für Paulina ist sie ein großer Hoffnungsschimmer.

 

Elias ist 14 und auf einem Ohr taub. Er besucht ein Internat und eine Förderschule für Hörgeschädigte und hat dort viele Freunde.

Bis zur siebten Klasse war er auf einer Regelschule und wurde dort gemobbt, bis er auf die Förderschule wechselte. Seitdem ist Elias angekommen, setzt sich für die Gemeinschaft ein und kümmert sich um neue Schüler.

Seine Familie sieht er nur am Wochenende. Für seine Eltern war es sehr schwer, ihren Sohn in so jungem Alter auf ein Internat zu schicken, aber Elias wollte nicht mehr „anders“ sein.

In der Förderschule können alle Lehrer Gebärdensprache. Die Klassen sind in leicht Schwerhörige, Mittel- bis Schwerhörige und Gehörlose unterteilt. Im Unterricht wird eine Höranlage benutzt, damit die Hörgeschädigten die Stimme des Lehrers an ihre Hörgeräte gesendet bekommen. Die Tische stehen im Halbkreis, damit die 12 Schüler das Mundbild des Lehrers sehen können. Die Schule achtet außerdem sehr auf Selbstständigkeit, Berufsbildung und wie die Schüler mit der Hörschädigung umgehen können.

Paulina und Elias fühlen sich beide in ihrem Umfeld wohl, obwohl dieses sehr unterschiedlich ist. Ob eine Regelschule mit Dolmetscher oder eine Förderschule besser ist, muss jedoch für jedes Kind individuell abgeklärt werden.

Tags: Förderschule, Inklusion, Schule

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