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WASNI: Wie gelebte Inklusion im Arbeitsalltag gelingt

„Es muss richtig wehtun, wenn Unternehmen zu wenig Menschen mit Behinderung einstellen“, sagte die Behindertenbeauftragte des Landes Baden-Württemberg Stephanie Aeffner vor wenigen Tagen der dpa in Stuttgart. Sie will Verstöße gegen die Schwerbehindertenquote stärker sanktionieren.

wasni-Pullis aufgereiht (Foto: Sandra Eberwein)

Recht hat sie, findet Daniel Kowalewski. In seinem Unternehmen arbeiten 50 Prozent Menschen mit Behinderung. Das funktioniert bestens und die Kunden sind begeistert. Eigentlich ist es schade, dass ein solches Gesetz nötig ist, meint der Gründer des Sozialunternehmens WASNI.

Laut Gesetz müssen Arbeitgeber mit mehr als 20 Mitarbeitern mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Schwerbehinderte vergeben. Tun sie das nicht, ist eine Ausgleichsabgabe fällig, die zwischen 125 und 320 Euro pro Jahr liegt. Stephanie Aeffner möchte sie nun verdoppeln. Denn obwohl mehr als 943.000 Schwerbehinderte (8,6 Prozent) im Südwesten leben, liegt die Beschäftigungsquote seit Jahren unter vier Prozent. Personaler könnten sich gar nicht vorstellen, dass Behinderte etwas leisten könnten, meint Stephanie Aeffner.

Daniel Kowalewski kann das sehr wohl. In seinem 2015 gegründeten Inklusionsunternehmen arbeiten sechs Mitarbeiterinnen – drei von ihnen haben einen Schwerbehindertenausweis. So wie Yaprak Cukurova. Sie ist gehörlos und arbeitet seit Unternehmensstart bei WASNI in der Küferstraße in Esslingen. Nach ihrer Ausbildung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung suchte sie einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz.

Arbeiten an der Nähmaschine in der wasni-Manufaktur in Esslingen (Foto: Sandra Eberwein)

Niemand wollte sie einstellen – bis sie Daniel Kowalewski traf. Nun arbeitet Cukurova fast täglich an der Overlock-Nähmaschine und schließt die Nähte der Kapuzenpullover und Sweatjacken, die WASNI herstellt. Die einzige besondere Anschaffung zu ihrem Arbeitsbeginn war eine Druckerpresse, die nicht piepst, wenn sie fertig ist, sondern sich automatisch abschaltet. Denn das Piepsen hätte Yaprak Cukurova nicht hören können. So sieht sie nun, wann die Presse für das nächste Kleidungsstück bereit ist und sie weiterarbeiten kann. Die neue Druckerpresse ist auch für ihre von Kolleg*innen von Vorteil. „Ein Piepsen kann man schnell überhören. Ein visuelles Signal ist für uns alle viel deutlicher. Mit der neuen Druckerpresse haben wir so eine Fehlerquelle ausgeschaltet“, erklärt WASNI-Gründer Daniel Kowalewski. Aber das geht ihm noch nicht weit genug. „Für einen guten Team-Spirit ist die Kommunikation unter den Mitarbeiter*innen ein entscheidender Faktor“, so Kowalewski. Damit diese problemlos funktioniert, nimmt das gesamte WASNI-Team nun jeden Dienstagabend an einem innerbetrieblichen Gebärdenkurs teil. So soll sich Yaprak Cukurova künftig noch leichter mit ihren Kolleg*innen unterhalten können – auch ohne Gebärdensprachdolmetscherin.

Für Daniel Kowalewski ist solch eine Maßnahme selbstverständlich. „Mit meinem Unternehmen möchte ich den Beweis erbringen, dass es möglich ist, Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich zu sein“, sagt Kowalewski. Und dabei ist er auf einem guten Weg. Das findet auch der Vorstand der Stiftung ProKommunikation für hörgeschädigte Menschen in Baden-Württemberg, Gunter Erbe: „WASNI ist einzigartig. Ich kenne kein Unternehmen, das Inklusion so konsequent lebt.“ Aber schließlich ist das auch der Anspruch, denn der Name WASNI steht für: Wenn anders sein normal ist.

Tags: Arbeitsplatz, beruf, Inklusion, Mode

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