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Corinna Rüffer stellte Fragen zu Gebärdensprachen in Europa

Wie viele Gebärdensprachen existieren in den europäischen Staaten? Wie ist die jeweilige rechtliche Stellung und wie werden sie gefördert? Corinna Rüffer, das bündnisgrüne Mitglied des Deutschen Bundestags, hat den Wissenschaftlichen Dienst (WD) des Bundestages gebeten, eine Aufstellung über diese Fragen zu erstellen.

Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder.

Sie können das sehr umfangreiche Dokument zur rechtlichen Stellung der Gebärdensprachen in europäischen Staaten nachlesen.

Corinna Rüffer fasst folgendes zusammen:

Mit Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) haben sich neben Deutschland auch eine Reihe weitere Staaten dazu bereit erklärt, das Erlernen der Gebärdensprache zu fördern sowie die sprachliche Identität und Kultur der Gehörlosen anzuerkennen (Art. 24 und 30 UN-BRK). Die Umsetzung ist je nach Land jedoch sehr unterschiedlich.

In Finnland ist beispielsweise der öffentlich-rechtliche Rundfunk verpflichtet, Dienstleistungen in Gebärdensprache zu erbringen. Auch in Dänemark müssen öffentliche Sender Nachrichten in Gebärdensprache bereitstellen. In Portugal können sich Kinder für einen zweisprachigen Unterricht entscheiden, in dem auch die portugiesische Gebärdensprache unterrichtet wird. Bei zweisprachigen Klassen kommen zusätzlich gehörlose Lehrer*innen zum Einsatz. In den 27 untersuchten EU-Mitgliedstaaten werden insgesamt 30 verschiedene Gebärdensprachen genutzt. In Belgien, Estland, Finnland und Spanien sind es sogar mehrere Gebärdensprachen.

Da die Rechtssysteme der EU-Länder sehr unterschiedlich sind, ist ein Vergleich schwierig. Bis auf drei Länder (Bulgarien, Luxemburg, Malta) gibt es in allen Länder eine Form der rechtlichen Anerkennung der Gebärdensprache. Allerdings ist die Anerkennung unterschiedlich ausgeprägt, auf verfassungsrechtlicher Ebene erkennen nur vier Länder (Finnland, Portugal, Österreich, Ungarn) die Gebärdensprache an. Interessant ist, dass die Anerkennung in einigen Ländern auf das Engagement von nationalen Gehörlosenvereinigungen zurückgeht. In keinem europäischen Land ist die jeweilige Gebärdensprache als Minderheitensprache anerkannt.

Deutsche Gebärdensprache sei keine Minderheitensprache

Hier können Sie eine Kurzinformation über die Frage, ob die Gebärdensprache eine Minderheitensprache sei, nachlesen. Der Wissenschaftliche Dienst stellte fest, dass es keine anerkannte Definition der Begriffe „Minderheit“ und „Minderheitensprache“ gibt.

Der vom Europarat veröffentlichten Liste „Vertragsstaaten der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen und ihre Regional- oder Minderheitensprachen“ ist auch zu entnehmen, dass in keinem der dort aufgelisteten europäischen Länder die Gebärdensprache als Minderheitensprache aufgeführt ist.

Auch wenn die Gruppe der Gehörlosen eine eigenständige Bevölkerungsgruppe mit identitätsstiftender sprachlicher Tradition und Kultur bilden, sind sie doch keine „Minderheit in einem Staatsgebiet“ im Sinne der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen.

Mit einer Petition aus dem Jahr 2011 wurde beantragt, die Deutsche Gebärdensprache als Minderheitensprache anzuerkennen. Der Petitionsausschuss hatte dies jedoch abgelehnt unter anderem mit der Begründung, dass die Gebärdensprache nicht als Minderheitensprache im Sinne der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen zu qualifizieren sei.

Tags: Behindertenrecht, Bundestag, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Corinna Rüffer, Deutscher Bundestag, Minderheiten, UN-Behindertenrechtskonvention, Wissenschaftlicher Dienst

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